Staatsministerin Petra Köpping in Reichenbach

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Am 1. August diskutierte ich mich der Staatsministerin für Gleichstellung und Integration, Petra Köpping, zu der Frage: Gibt es ein ostdeutsches Lebensgefühl? Als Bürgermeisterin von Großpösna und spätere Landrätin in ihrer Heimat hat Petra Köpping viele persönliche Schicksale der hier von der politischen Wende und Wiedervereinigung unmittelbar Betroffenen erfahren. Immer wieder wurde ihr von Ungerechtigkeiten berichtet. Betriebe wurden geschlossen, obwohl eine wirtschaftliche Sanierung möglich gewesen wäre; finanzielle Vergünstigungen die verschiedenste Bevölkerungsgruppen in der DDR zugesichert bekamen, wurden nicht in das bundesdeutsche System übernommen; westdeutsche Eliten übernahmen viele administrative Funktionen in den neuen Bundesländern. Resignation und Hoffnungslosigkeit ließen den Nährboden für das heutige politische Klima wachsen.

Fazit der Veranstaltung: Eine Aufarbeitung der Nachwendezeit ist auch 30 Jahre nach der Wiedervereinigung dringend nötig. Eltern geben ihren Kindern auch heute noch eine Lebenseinstellung mit, in der das Eintreten für die eigenen Rechte nicht selbstverständlich ist. Politische Gespräche sind auch heute noch eine Seltenheit in vielen ostdeutschen Familien. Hier, wie auch in der Öffentlichkeit, entwickelt sich erst langsam eine Kultur der differenzierten Debatte und des gegenseitigen Zuhörens und Aushaltens anderer Meinungen. Das Erleben von Demokratie, was im Westen über 70 Jahre erlernt werden konnte, wird hier in viel schnellerem Tempo vollzogen und schafft Spannungen in denen einfache Wahrheiten und Parolen eine große Anhängerschaft finden.

Umso mehr freue mich, dass über 30 interessierte Reichenbacher, Weigmannsdorfer, Großschirmaer, Freiberger und viele mehr mit unterschiedlichen politischen Ansichten den Weg nach Reichenbach in den Vereinsraum der Rassegeflügelzüchter e.V. gefunden haben. Viele Fragen und persönliche Erfahrungen konnten ausgetauscht werden. Dabei ging die Debatte weit über das eigentliche Thema der Veranstaltung hinaus. Schulschließungen im ländlichen Raum waren ebenso Thema, wie die Auswirkungen der Klimaveränderungen. Es wurde sich differenziert mit FridaysForFuture und Pegida auseinandergesetzt und betont, dass Haltung zu zeigen heutzutage wichtig ist. Auch wurde von der Politik mehr Ehrlichkeit gefordert. Eine Diskutantin brachte hier beispielhaft die Vorgänge um die Nominierung Ursula von der Leyen unter Umgehen des Spitzenkandidatensystems zur Sprache.

Ich bedanke mich bei allen Diskutanten und Diskutantinnen, die diesen Abend zu einer differenzierten Veranstaltung gemacht haben! Wir werden wieder nach Reichenbach kommen.

Alexander Geißler

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