Zum Wahlforum der Landeszentrale für politische Bildung im städtischen Festsaal am 14. August kam die Frage auf, wie es die Direktkandidaten mit der Freiberger Ortsumgehung halten. Ich habe mich gegen den Bau der Umgehungsstraße ausgesprochen, weil ich das Projekt nicht mehr für zeitgemäß und nicht für nachhaltig halte. Eine Auflistung vieler Argumente für und gegen die Umgehungsstraße habe ich aufgeschrieben. Die Aufzählung darf natürlich ergänzt werden. Schreiben Sie mir einfach!
Was spricht gegen die Umgehungsstraße:
- Der städtische Verkehr wird sich nicht in dem Maße reduzieren wie erhofft. Freiberg ist das wirtschaftliche Mittelzentrum zwischen Dresden und Chemnitz und das wichtigste Wirtschaftszentrum im Landkreis Mittelsachsen. Deshalb arbeiten viele Menschen aus den umliegenden Gemeinden in Freiberg in den verschiedensten Branchen. Viele Pendler aus dem Umland werden deshalb in die Stadt fahren müssen, auch wenn es die Umgehungsstraße geben sollte. Der Berufsverkehr wird der Innenstadt erhalten bleiben.
- Das Projekt ist nicht nachhaltig. Es zerschneidet an der südlichen Stadtgrenze einmal komplett das Naherholungsgebiet um die Stadt und wird für zusätzlichen Lärm sorgen. Der Wald wird schwerer erreichbar sein und verliert seinen besonderen Wert für Freiberger*innen, die nach stressigen Arbeitstagen abschalten wollen und dafür Natur suchen.
- Die Planung war nicht nachhaltig. Die Trasse soll fünf Meter über dem Erdboden verlaufen und wird damit nur an einzelnen Übergängen passierbar sein. Für Wild und auch Menschen eine starke Behinderung. Außerdem wird die Flächenversiegelung größer sein als bei einer ebenerdigen Trasse (durch Kiesanschüttungen und durch Stabilisierungen geht zusätzlich Fläche verloren).
- Landwirtschaftliche Fläche geht verloren und Gärten gehen verloren, bisherige Radwege müssen neu geplant und verlegt werden.
- Die Trasse verläuft in unmittelbarer Nähe zur den Wohnblöcken des Wasserberges und Seilerberges. Viele Rentner*innen, die dort leben, verlieren ihre ruhige Wohngegend.
- Neue ausgewiesene Wohngebiete werden an Wert und Lebensqualität verlieren, wenn in unmittelbarer Nachbarschaft eine Schnellstraße entsteht. Die Flächenbebauung wird eine andere sein. Durch die Umgehungsstraße schneidet man sich einen potenziellen Bevölkerungszuwachs durch junge Familien, die Flächen für ein Eigenheim suchen, ab. Denn eine Wohnbebauung an einer Bundesstraße (als solche wird die Umgehungsstraße qualifiziert sein) ist unattraktiv.
- Der Güterverkehr wird in der Innenstadt nicht weniger werden. Freiberg als Wirtschaftszentrum mit seinen vielen Arbeitnehmer*innen im Einzelhandel und vielen weiteren Branchen muss regelmäßig beliefert werden. Diese LKW werden auch zukünftig nach Freiberg fahren.
- Der Bau der Trasse wird fünf bis zehn Jahre beanspruchen. In allen politischen Richtungen setzt sich die Erkenntnis durch, dass mehr Anstrengungen für eine gesunde Umwelt unternommen werden müssen. Dabei soll mehr auf Bus und Bahn gesetzt werden und der Individualverkehr, der die meisten klimaschädlichen Emissionen produziert, verringert werden. Man kann davon ausgehen, dass der Pkw- und Güterverkehr durch derartige gesetzliche Anstrengungen zurückgeht. Bei geringerem Verkehr stellt sich die Notwendigkeit einer Umgehungsstraße in zehn Jahren noch weniger als heute schon.
- Die Innenstadt könnte benachteiligt werden. Freiberg hat an den Bundesstraßen in der Stadt Parkhäuser errichtet und hat viele Einzelhandelsgeschäfte in der Innenstadt, sowie eine Kaufland am Bebelplatz. Ich bin davon überzeugt, dass einige Pendler, die durch Freiberg fahren müssen, einen Stopp in Freiberg einlegen und auch Fremde und Nicht Ortskundige bei einer Durchfahrt sich für einen Stopp in der Altstadt entscheiden könnten. Dieser Effekt könnte zurückgehen. Pendler nutzen stärker die Geschäfte am Häuersteig und die Kaufkraft in der Innenstadt geht noch weiter zurück. Ladenschließungen werden wahrscheinlicher.
- Potenziell neue ausgewiesene Gewerbegebiete an der Peripherie entlang der Umgehungstraße würden ebenfalls in Konkurrenz zur Innenstadt treten.
- Auf die Stadt Freiberg kommen Kosten für die Unterhaltung der früheren B-Straßenabschnitte zu. Hierzu hat sich der Stadtrat eindeutig bekannt. Allein deshalb, weil das wichtigste innerstädtische Erholungsgebiet Albertpark und Ringanlagen aufgewertet werden.
- Man findet seltene Tiere im Gebiet der künftigen Trasse, wie die Mopsfledermaus. Naturschutzaspekte sind im Planfeststellungsverfahren nicht ausreichend berücksichtigt worden, was einen gerichtlich verordneten Baustopp verursacht hat. Es müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um die Natur zu schützen, ggf. eine alternative Trassenplanung, andere Trassengestaltung. Hier könnten weitere Kosten im Millionenbereich entstehen.
Was spricht für die Umgehungsstraße:
- Durch die Ortsumgehung kann der städtische Verkehr reduziert werden, da nicht alle Pendler gezwungen sein werden nach Freiberg zu fahren. Dieser positive Effekt kann aber zu gering ausfallen.
- Verkehr, der nicht in einer Ortschaft entsteht, soll um die Stadt herumgeleitet werden, um die Bewohner von den schädlichen Immissionen zu entlasten, die sie gar nicht selbst verursacht haben. Nach Auffassung vieler Befürworter macht dieser Verkehr in Freiberg neben dem innerstädtischen und dem Pendelverkehr den Großteil aus. Die ganze Erzgebirgsregion, die in Richtung Autobahn unterwegs ist, nutzt die B101 als den kürzesten Weg in Richtung Autobahn.
- Die verbesserte Autobahnanbindung nach Siebenlehn darf nicht vergessen werden. Auch diese wird benötigt, damit unsere Wirtschaft hier in der Stadt nicht abgehängt wird.
- Wichtige innerstädtische Erholungsgebiete wie Albertpark und Ringanlagen werden aufgewertet, wenn der Personen- und Güterverkehr reduziert wird und die Lärmbelastung abnimmt. Der Radverkehr kann gestärkt werden, weil sich bei dem heutigen starken Verkehr wenige trauen auf den Bundesstraßen und um den Altstadtring die hinzugefügten Fahrradstreifen zu nutzen.
- Der Güterverkehr durch die Innenstadt stellt eine enorme Stress- und Lärmbelastung sowie Gefährdung von nicht-motorisierten Verkehrsteilnehmern dar. Dieser kann reduziert werden, weil viele Gütertransporte aus Unternehmen südlich von Freiberg den Weg bis zur A4 über die Bundesstraßen suchen, die durch Freiberg führen (B101 und B173). Schöller in Weißenborn und andere Unternehmen nutzen die Bundesstraßen in entsprechender Weise.
- Die Durchlässigkeit der Trasse für Personen soll gewährleistet werden. Deshalb ist in Form eines Damms am Wasserberg ein Einschnitt geplant.
- Mehr Lebensqualität derjenigen, die an den Bundesstraßen wohnen, durch etwas weniger Lärm.
- Neue Gewerbe-und Industriegebiete entlang der Umgehungsstraße können zur Ansiedlung neuer Firmen und zu neuen Jobs führen.
- Zeitersparnis, um zur Autobahn zu gelangen. Effektiver wäre aber ein Ausbau der Zufahrtstraßen zur Autobahn bis nach Siebenlehn durch vereinzelte Mehrspurigkeit ähnlich wie die Zufahrtstraße nach Chemnitz.

